Kategorie Eins mit der Natur; Interview Beate Thome

„Hier wuselt es von Leben und wir merken nichts“

Waldbaden im Auenland und Nationalpark Hunsrück-Hochwald 

Kein Handynetz. „Im Auenland ist die Welt noch in Ordnung“, erklärt Beate Thome schmunzelnd. Bereits die Anfahrt ins Auenland stimmt auf das Thema Wald ein: vom Weindorf Monzingen geht es über das kleine Örtchen Gaulsbach vorbei an Wiesen, Felder und Wald bis zum Wassertretbecken nach Auen. Nur noch wenige Häuser säumen die Straße, dagegen bestimmt sattes Grün das Landschaftsbild. Sechs Personen haben sich am Wassertretbecken zum Waldbaden eingefunden. Angeleitet wird die Gruppe von Outdoor-Expertin Beate Thome.

Der Begriff Waldbad stammt ursprünglich aus Japan: „Shinrin Yoku“, wörtlich übersetzt „ein Bad in der Atmosphäre des Waldes einnehmen“. Wie wohltuend ein solches Bad ist, hat bereits zu Beginn der 80er Jahre der Japaner Dr. Qing Li belegt. So wirken sich bereits ein paar Minuten in der Natur positiv auf das eigene Wohlbefinden aus. Puls und Blutdruck sinken, Stress wird reduziert und die Konzentration gefördert. „Es geht darum, dem täglichen Hamsterrad zu entkommen. Vielleicht braucht es dazu einen Termin, um in den Wald zu gehen und die Natur ganz bewusst wahrzunehmen. Das hat auch viel mit Lebensfreude zu tun“, erklärt Beate Thome.

Wir beginnen unsere Tour und durchqueren einige Wiesen bis hin zu einer kleinen Anhöhe. Als erste Übung sollen wir uns einen Gegenstand aus der Natur aussuchen, der uns anspricht. „Man geht mit einem Auftrag in die Natur, schaut und nimmt die Natur ganz bewusst wahr“, erklärt die Outdoor-Expertin die verschiedenen Übungen eines Waldbades. In einer kleinen Vorstellungsrunde erläutern wir nacheinander die Gegenstände, die wir uns ausgesucht haben. Blüte, Stein, Blatt, Stock, Baumrinde, Vogelfeder – jeder der Teilnehmer beschreibt seinen Gegenstand mit allen Details. Wie fühlt sich eine Blüte an, wie sieht sie aus und wie riecht sie.

Wir setzen unsere Tour fort. An einer Buche kommen wir zum Stehen, betrachten die glatte Struktur und erfühlen die kalte Rinde. „Bäume geben Terpene an“, erklärt Beate Thome, „das ist unter anderem förderlich für die Abwehr“. Im Gegensatz zur Buche fühlt sich die Fichte mit ihrer rauen Rinde, die wir einige Meter entfernt erfühlen, ganz warm an.

Anschließend lädt uns die Kursleiterin zu einer Gehmeditation ein. Unser Auftrag: bewusst Ein- und Ausatmen. Wir gehen im Kreis, ein Schritt vor den anderen. Nach einigen Runden kommen wir in einen gemeinsamen Rhythmus, einen Flow. Wie gehen im gleichen Tempo, einen Schritt, den nächsten Schritt, Einatmen und ganz bewusst Ausatmen.

Wesentlich leiser, bedachter und aufmerksamer als zu Beginn unseres Waldbades gehen wir weiter. Wir hören das Laub unter unseren Füßen rascheln, die Vögel singen und fühlen den Wind auf unserer Haut.

Für die letzte Übung suchen wir uns Äste und legen uns daraus einen Bilderrahmen. Wie zu Beginn unseres Waldbades beschreiben wir die Gegenstände in unserem ganz eigenen Bilderrahmen „mein schönstes Fleckchen“. Aufmerksamer als zu Beginn der Tour sehen wir die vielen kleinen Blätter, Ästchen, Käfer, Wurzeln und Steinchen. „Täglich gehen wir daran vorbei“, erklärt Beate Thome und verdeutlicht einen weiteren Sinn des Waldbades: „hier wuselt es von Leben und wir merken nichts“.

Beate Thome lebt für das Thema Natur. Schon als Kind war es das Größte für sie, draußen zu sein und sie war mit ihrer Familie viel Wandern. Ihren Lebenssinn sieht sie darin, „die Natur zu schützen und die Menschen darauf aufmerksam zu machen: schaut doch mal, guckt euch die Natur an, sie ist so schön. Hier kann man sich zurückziehen, erholen.“ Und so überrascht es nicht, dass die gelernte Betriebswirtin 2009 den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt hat und sich ganz dem Thema Natur verschrieben hat. Mit den Naturcamps Hunsrück und unter dem Slogan „Willkommen im Grünen“ bietet sie verschiedene Kursangebote mit einem ganzheitlichen Naturerlebnis mit allen Sinnen an.

Seit zehn Jahren bildet sich Beate Thome kontinuierlich fort und ist nicht nur Wald- und Naturpädagogin, sondern auch Coach für Persönlichkeitsentwicklung. Zuletzt hat sie einen Lehrgang für Pilgerwanderführer auf dem Hildegard von Bingen Pilgerwanderweg absolviert.